Grüne Gentrifizierung
Aufwertung in grün

Immobilieneigentümer*innen und die Stadtregierung argumentieren vermehrt ökologisch für ihre Aufwertungsprojekte. Hinter dem grünen Deckmäntelchen kommen jedoch die bekannten Mechanismen von Profitsteigerung, Standortwettbewerb und Verdrängung zum Vorschein.

Wenn sie im Namen von Nachhaltigkeit und Verdichtung öffentliche Räume und Siedlungen in Zürich erneuern, zeigt dies folgende Gesichter:

1. Öffentliche Grünräume und Verkehrsberuhigungen
Die Beruhigung der Weststrasse in Wiedikon hat Velowege und hübsche Begrünung mit sich gebracht. Die Stadtregierung wollte angeblich die Umgebung für die Anwohner*innen verbessern. Stattdessen wurde die proletarische Bevölkerung verdrängt. Im Quartier der einst dreckigen und lauten Weststrasse waren die Mieten tief. Von den neuen Velowegen profitieren aber hauptsächlich die Immobilienbesitzenden, die nun teure Sanierungen oder Neubauten durchsetzen. Das gleiche passiert bei der Aufwertung öffentlicher Parks wie dem Platzspitz. In den neuen, schicken Parks wird die Re- pression gegen alle verstärkt, die nicht ins aufgewertete Bild von oben passen. Schikanöse Polizeikontrollen und Videoüberwachung erschweren Obdachlosen, Drogenabhängigen, Jugendlichen, People of Colour, etc. den Zugang.

2. Veränderung der Angebote des Quartiers
Die Aufwertung tauscht neben den Bewohner*innen auch die Läden aus. Die Yuppies stehen auf nachhaltigen Konsum und Bioläden. Die ursprünglichen Bewohner*innen können sich nicht nur die Mieten sondern auch das Einkaufen in den teuren Läden immer weniger leisten. Dadurch müssen sie längere Wege zurücklegen.

3. Energetische Sanierungen und Ersatzneubauten
Durch Neubauten und Totalsanierungen soll Energie gespart und verdichtet werden. Gebäude können mit verschiedenen Öko-Labels zertifiziert werden, um das Nachhaltigkeits-Argument gezielt für Marketing und Wertsteigerung einzusetzen. Der Energieverbrauch pro Fläche nimmt zwar ab und die bauliche Dichte zu. Geschwiegen wird jedoch darüber, dass die neuen, reicheren Bewohner*innen halt viel mehr Wohnfläche pro Person beanspruchen. Schliesslich wird weder Energie gespart noch verdichtet. Obendrauf wird durch die Verdrängung noch mehr Verkehr erzeugt. Die Verdrängten werden zu Pendler*innen aus der Agglo. An Stelle der abgerissenen günstigen Mehrfamilienmietwohnungen stehen nun Liegenschaften mit einem höheren pro-Kopf-Energieverbrauch.

Pärke, Velowege und energieeffiziente Gebäude wären auch für uns angenehmer als Strassenlärm und Abgase, aber im Kapitalismus ist dies wenigen vorbehalten und uns generell kein gutes Leben zugedacht. Das Phänomen grüne Gentrifizierung ist Teil der aufkommenden sogenannten grünen Wirtschaft bzw. grünem Kapitalismus. Neoliberale Krisenlösungen der herrschenden Klasse funkti- onieren immer weniger. Grüne Investitionen verhelfen dem Kapitalismus zu neuen Akkumulati- onsmöglichkeiten und neuer Legitimation. Und gleichzeitig rechtfertigen sie auch die verstärkte Einschränkung des Proletariats.

Es geht hier also nicht nur um Umweltfragen, sondern um Klassenfragen. Lassen wir uns von Aufwertung mit einem vermeintlich grünen Anstrich nicht täuschen! Die Aufwertung von oben dient weder uns noch der Umwelt, sondern einzig ihrem Profit. Nachhaltige, lebenswerte Städte bekommen wir nur, wenn wir uns den städtischen Raum aneignen und die Gestaltung der Stadt selbst in die Hand nehmen.



2017 — Frogtown, Los Angeles