Communiqué zum Stadtspaziergang gegen Aufwertung und Verdrängung
vom Samstag, 4. Dezember 2021 in Zürich
Wir versammelten uns heute Samstagnachmittag, 04.12.2021, für einen Stadtspaziergang gegen Aufwertung und Verdrängung. Beim Streifzug durch den Zürcher Kreis 5 zeigten wir anhand vielfältiger Beiträge zu Gentrifizierung und Widerstand die Prozesse der kapitalistischen Stadtentwicklung auf. Bei kaltem Wetter beteiligten sich 200 kämpferische Menschen. Wehren wir uns gemeinsam gegen die kapitalistische Stadtentwicklung!
Finanzkräftige Investor*innen und kapitalistische Stadtplanung haben die Aufwertung des Kreis 5 in den letzten 30 Jahren massiv vorangetrieben und dabei migrantisierte Arbeiter*innen-Familien mit niedrigen Einkommen, Kinder, Jugendliche und Senior*innen, Frei- und Gegenräume und marginalisierte Geschichten wie die Gastarbeiter*innen-Baracken am Stadtrand verdrängt. Industriebetriebe wie die Zentralwäscherei wurden in die Agglomeration verlegt, ehemalige Industrieareale mit teuren Wohnüberbauungen überzogen und hunderte Häuser luxussaniert. Darum spazieren wir zusammen entlang einiger ausgewählter Brennpunkte der Gentrifizierung (Es sind zu viele!) und des Widerstands (Wir bleiben alle!) und hoffen so exemplarisch andere solidarisch mitzumeinen: Wem sini Strassä?
Auf dem Röntgenplatz begrüsste die Stadtgruppe die Teilnehmenden. Der erste Halt wurde bei der Zollstrasse/Neugasse eingelegt, um die Gefrässigkeit der SBB Immobilien aufzuzeigen. Beim zweiten Stopp schauten wir zurück auf die 70er und 80er Bewegung am Beispiel des Autonomen Jugendzentrum Zürich (AJZ), ganz nach dem Motto «Wenn sich oben nichts rührt, müssen wir unten rütteln». Der Beitrag beim feministischen Streikhaus zeigte auf, dass Gentrifizierung und das Patriachat Hand in Hand gehen und macht auf die Schwierigkeiten von Zwischennutzungen und der daraus folgenden fehlenden Perspektive aufmerksam. Auf dem weiteren Weg wird das Thema der Subkultur als Gegenkultur angesprochen. In den letzten Jahren wurden viele selbstverwaltete Räume weggentrifiziert und durch hegemoniale Räume wie das Viadukt ersetzt. Weiter geht der Spaziergang entlang dem Sihlquai und vorbei an den umkämpften Sihlquaihäuser 280 & 282 in denen sich (Ex-)Mieter*innen mit der Kampagne «Forever Sihlquai» gegen die Kündigung durch Coop Immobilien und die Zwischennutzung durch Intermezzo AG wehren. Der Stadtspaziergang endet mit einer Ausstellung zu Aussenquartieren, die neu im Fokus der kapitalistischen Stadtentwicklung liegen. Bei heissen Getränken und Suppe löste sich der Stadtspaziergang selbstbestimmt auf.
Der Gentrifizierungsprozess ist in Zürich allgegenwärtig. Darum denken wir, dass es höchste Zeit ist sich diesem Thema mit der gebotenen Ernsthaftigkeit anzunehmen – das heisst mit Konsequenz und Radikalität. Wir müssen immer wieder hinschauen und uns fragen: in welcher Stadt wollen wir leben? Für uns ist klar, wir wollen keine Aufwertung im Sinne der Profitmaximierung der Herrschenden. Wir sehen, dass ehemalige Arbeiter*innenquartiere aufgewertet werden um neue zahlungskräftige Mieter*innen anzulocken. Wir sehen, wie immer mehr «hippe» Restaurants und sogenannte «working spaces» ganze Strassenstriche attraktiver für reiches Klientel machen sollen und wie versucht wird Menschen, die nicht in diese rausgeputzen «Visionen» passen, zu verdrängen! Wir wissen was es heisst, wenn die SBB von Aufwertung spricht und mittels Grossprojekten wie der Europaallee Bewohner*innen vertreibt. Auch in den Aussenquartieren verschwindet günstiger Wohnraum.
Doch es gibt sie noch die Beispiele linker Projekte, die mehr oder weniger explizit danach trachten, der kapitalistischen Stadt etwas entgegenzusetzen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen! Wir wollen eine Stadt von unten, eine solidarische Stadt für alle! Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für alle! Wir wollen selbstverwaltete autonome, antikapitalistische und feministische Räume! Wir wollen nicht nur ein Haus, wir wollen die Stadt! Wir bleiben alle!
Oisi Stadt! Oisi Quartier!
Keine Rendite mit der Miete
In der Coronapandemie zeigt sich deutlich: Das Leben vieler Menschen wird geopfert, um weiterhin unaufhaltsam die Profitmaschine der Besitzenden in Gang zu halten – anstatt die Pandemie auf Basis von medizinischem Wissen radikal und solidarisch zugunsten aller einzudämmen. Aus diesem und vielen weiteren Gründen hat der Zämeschluss dazu aufgerufen, heute am 27. März zu demonstrieren.
Communiqué des Zämeschluss: https://barrikade.info/article/4343
Bild von der “Wir tragen eure Krise nicht”-Demo
OISI STADT – OISI QUARTIER!
Communiqué zur Demonstration
(18.11.2017)
Wir haben die Route der Demonstration so gewählt, dass wir an verschiedenen Projekten und Akteur_innen der Gentrifizierung vorbeikommen. Entsprechend schlängelten wir uns durch das Quartier und griffen beispielsweise die geplante SBB-Überbauung bei der Neugasse, die Europaallee beim Hauptbahnhof und den Bau des neuen Polizei- und Justizzentrums (PJZ) in Reden auf. Einige der deutlichsten Symbole der Verdrängung wurden aus der Demonstration heraus gezielt angegriffen: Sowohl das Büro von Bonzenarchitektin Vera Gloor an der Josefstrasse als auch der Hiltl-Neubau an der Langstrasse bekamen einen neuen Anstrich verpasst (gratis!). Vor der Langstrassenunterführung mutierte die Demonstration zu einem wandelnden Monster, welches Aufwerter_innen heimsucht und erschreckt. Auf der anderen Seite der Gleise wurde ein Modell der Europaallee den Flammen übergeben.
Die Demonstration war laut, solidarisch und kämpferisch. Als die Stadtpolizei in die Demonstration rannte, um das Hiltl zu schützen, blieben wir zusammen und liessen uns nicht von ihnen verdrängen. Entlang der Route hingen an vielen Häusern „Besetzt!“-Transparente, dazu wurden viele Plakate geklebt, in denen unter anderem zu mehr Besetzungen aufgerufen wurde. Bei der Kalkbreiteüberbauung wurde schliesslich ein riesiges „Bsetzts Züri“-Transparent entrollt.
Die Demonstration von heute war ein gemeinsamer Schritt von vielen, um die verschiedenen Gesichter der Aufwertung in Zürich zu demaskieren und anzuprangern. Sie war eine Demonstration von unten, die sich der Stadtaufwertung von oben aus einer antikapitalistischen Position entgegenstellt. Wir bleiben dran und mischen uns weiterhin ein. Wir wollen nicht nur alle bleiben, wir wollen die ganze Stadt.
Solidarisieren - Organisieren - Kämpfen
OISI
STADT – OISI QUARTIER!
Demo gegen Aufwertung und Verdrängung
18.11.2017 / 14 Uhr / Röntgenplatz ZH
Wir gehen auf die Strasse, weil wir die verschiedenen Gesichter der Stadtaufwertung in Zürich demaskieren und anprangern wollen. Damit meinen wir:
• Die Verkehrsberuhigung an der Weststrasse hat das Gesicht des Quartiers radikal verändert. Viele, die jahrzehntelang die Abgase der Autokolonnen ertragen mussten, können sich die Mieten im Quartier heute nicht mehr leisten. Die Strasse wird zur Gourmetmeile für die neuzugezogenen Yuppies, die Asyl-Beratungsstelle muss weichen.
• Die Europaallee als Ausläufer des Kreis 1 an die Langstrasse ist der Abschluss eines versuchten Umbruchs im Quartier, welcher mit dem Projekt “Langstrasse Plus” von Josef Estermann und Rolf Vieli eingeleitet wurde. Die Stadtpolizei schmeisst das unerwünschte Klientel raus, rein dürfen diejenigen, die sich eine 3-Zimmer-Wohnung für mehr als 5’000 CHF monatlich leisten können.
• Wo früher die Perla-Mode ein Ort alternativer Kultur war, steht heute das neue Hiltl an der Langstrasse. Dieses versucht krampfhaft, der Kritik gegenüber der Eröffnung gewitzt entgegenzutreten. Sie scheitern damit und zeigen mit ihren arroganten und sexistischen Sprüchen gegenüber Sexarbeiter_innen, dass sie von der Langstrasse nichts verstanden haben.
• Die geplante SBB-Überbaung an der Neugasse ist ein weiterer Schritt der Bundesbahnen, um sich als Player im Immobilienmarkt zu etablieren. Sie gaukeln eine Partizipation der Anwohner_innen vor, doch wir wissen, dass ihre Interessen unseren Bedürfnissen entgegenstehen.
Es gibt sicher ganz viel, was diese Beispiele unterscheidet – aber es gibt noch viel mehr, was diese Fälle verbindet. Immer geht es darum, dass eine Stadtentwicklung vorangetrieben wird, die als “Stadtaufwertung” bezeichnet wird. Doch wir wissen, dass damit eine “Aufwertung” gemeint ist, die man sich erst mal leisten können muss. Für diejenigen, die sich diese “Aufwertung” nicht leisten können, bedeutet diese Art der Stadtentwicklung letztlich eine Vertreibung aus dem Quartier. Eine Vertreibung, die in der Regel auch eine Verschlechterung ihrer Lebensumstände bedeutet.
Wir wollen an der Demonstration auf diese Entwicklungen aufmerksam machen. Wir wollen diejenigen, die hinter solchen Projekten stehen, demaskieren und anprangern. In dem Sinne ist es eine Demonstration von unten, es ist eine Demonstration von denjenigen, die von dieser Stadtaufwertung von oben angegriffen werden. Zeigen wir am 18. November, dass wir viele sind und dass wir diese Entwicklungen nicht hinnehmen werden.